"Ich tu nichts Besonderes"
Christine Raggl aus Imst organisiert Freizeitwochen für Blinde
Organisiert ehrenamtlich
Aktivwochen für blinde Mitmenschen: Christine Raggl aus
Imst.
Foto: Lechner /
privat
Nicht nur der Extrembergsteiger Andy Holzer aus Osttirol begibt sich als Blinder in schwindelnde Höhen. Christine Raggl aus Imst organisiert in den so genannten Blindenfreizeiten Bergtouren für Nicht-Sehende.
Seit 1984 sind Christine Raggl und ihre Familie mit Blinden und Sehbehinderten unterwegs, und seit 1997 ist sie als Frontfrau der Privatinitiative "Blindenfreizeiten Pater Lutz" zuständig für ein ungewöhnliches Kapitel im Behindertenbereich, davor liefen die Freizeiten über die Behindertenpastoral der Diözese Linz. "Gemeinsam mit einem tollen Team versuchen wir, Blinden im Rahmen unserer Tätigkeit besondere Erlebnisse zu vermitteln", so die sport- und bergbegeisterte Imsterin.
Im Idealfall werden die blinden Teilnehmer von ebenso vielen ehrenamtlichen Sehenden begleitet. Menschen jeden Alters finden Platz, sind von neun bis neunzig mit dabei. Ins Leben gerufen vor über 40 Jahren von Kamillianerpater Wilfried Lutz, einem gebürtigen Tiroler und leidenschaftlichen Bergsteiger, der als Krankenhaus-Seelsorger in Linz, Wien, Steyr und als Blindenseelsorger für Österreich tätig war, führt Christine Raggl diese ehrenvolle Aufgabe unter dem Motto des Paters "Freude an den Menschen und Freude an der Natur" weiter.
Christine Raggls Wurzeln liegen in Galtür. Bereits 1949 übersiedelten ihre Eltern nach Innsbruck. Ihre nächste Station war das Pitztal, wo sie als 19-jährige Lehrerin 43 Mädchen der Volksschuloberstufe in Wenns unterrichtete. Seit 1970 ist Christine Raggl in Imst wohnhaft. Auch ihr Mann und ihre drei Töchter sind mit Begeisterung bei den Blindenfreizeiten aktiv. "Für mich bedeutet dies eine unerhörte Fülle der Begegnung, der Freude und des Miteinanders, wenn wir unsere schöne Natur gemeinsam erleben dürfen", so Christine Raggl, die selbst aussieht wie das blühende Leben.
Unterwegs am Venet, Muttekopf, Murmentenkarspitz oder Tschirgant in Reih und Glied, hält sich der Blinde am Rucksack des Führenden fest - "man spürt ihn gar nicht, so genau gehen Blinde" - stolz werden ganz normale Gehzeiten eingehalten. Bislang seien alle Unternehmungen unfallfrei und ohne nennenswerte Probleme verlaufen. Aus sämtlichen Bundesländern, aber auch aus Deutschland und aus der Schweiz sind Bergsportaffine mit von der Partie. Freundschaften werden geschlossen und Blinde wie Sehende genießen die Gemeinsamkeit und das gemütliche Beisammensein nach einem erlebnisreichen Tag bei Gitarren-, Flöten- und mitunter Harfenklängen. Ob zum Langlauf im Böhmerwald oder ins Tennengebirge, eine Wanderung im Fichtelgebirge oder im Nationalpark Hohe Tauern - vielfältige Aktivitäten wie Bergsteigen, Langlaufen, Tandem fahren, Wandern, Schwimmen oder ein Kulturangebot führen in die verschiedensten Regionen. Diese Initiative ist selbsttragend und für die Teilnehmer jeder Konfession offen.
Christine Raggl übernimmt die Organisation, setzt sich vorab genau in Kenntnis über die jeweiligen Verhältnisse und gibt einmal jährlich die Programm-Zeitschrift "Wochen der Begegnung - Unsere Blindenfreizeiten" heraus. Damit nicht genug, ist Christine Raggl, Jahrgang 1947, in der Pfarre Imst aktiv und war drei Jahrzehnte lang in der Bücherei Imst tätig, deren Leitung sie fünf Jahre lang innehatte.
So viel Engagement bleibt nicht unbemerkt.
Für ihren Einsatz bedankte sich das Land Tirol mit der Verdienstmedaille,
auch wenn Christine Raggl die Meinung vertritt "Ich tu nichts
Besonderes." Übrigens: Es werden laufend Freiwillige als
Begleitpersonen gesucht.
Bei Interesse finden sich nähere Infos:
www.Blindenfreizeiten.At.
Quelle:
impuls
(von WestMedia/Oberländer Verlags-GmbH, Telfs; Beilage Imst der Tiroler
Tageszeitung) Ausgabe 9.2015 vom 19. Mai 2015, Seite 18,
www.impuls-magazin.at,
issuu.com/westmediatelfs/docs/2015_09_impuls/18?e=5243789/12971342
Weitere Informationen zur Verdienstmedaille und Verleihung: