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zur Navigation Inhalt überspringen Briefe, Gedichte und Sprüche 1998

Heft-Titelgrafik: Händereichen
Heft-Titelgrafik: Händereichen


Mensch möchte ich sein ...

Ich war ein Nichts, nur ein Häufchen Lehm, dem alle aus dem Weg gingen. Sie wollten sich mit mir nicht schmutzig machen. "Dreck" hat man mich genannt, und die Menschen fluchten, wenn ich ihnen unter die Schuhe geraten war.
Eines Tages beugte sich jemand zu mir, nahm mich mit nach Hause, legte mich auf die Töpferscheibe und begann sich mit mir zu beschäftigen. Er faßte mich an, berührte mich zärtlich, drückte mich und schenkte mir die Wärme seiner Hände. Dabei brachte er mich in Bewegung und gab mir die Gestalt, von der ich niemals träumte.
Er verwandelte mich zu einer Schale. Er machte aus mir das, was ich selbst nicht war. Seine Hände haben es möglich gemacht.

Wenn ich ein Mensch wäre, würde ich keine Angst vor dem "Dreck" haben.
In jedem "Dreck" kann sich ein Schatz verbergen. Man muß nur wissen, ihn anzufassen, in Bewegung zu setzen, zärtlich damit umzugehen.
Meine Hände würden es möglich machen.
Mensch möchte ich sein!
Andreas Pohl


Linz, im Oktober 1998

Liebe Freunde!

Ist gut, wenn ich mir Eure Freizeitberichte vor diesem Grußwort an Euch durchschaue. Da würde in meinem Brief so manche Freude doppelt und vielfacher Dank dreifach ausgesprochen werden - wie Ihr dies für 1998 aus Euren Erlebnissen miteinander bringt.
So danke ich Euch heute speziell für diese erfrischenden Berichte und Erzählungen und ebenso sag ich gleich dazu meine Vorfreude auf das reiche Angebot 1999.
Altbewährte Freizeiten und neue Wagnisse bis Frankreich und Holstein - bravo!
Werdet Euch beim Lesen genauso darauf freuen!
Über mich selber dies: Im Rofanbericht steht's schon drinnen, daß ich bei den Minitouren dabei war. Mein sonst so bewährter Hüftersatz war wie die Wirbelsäule voriges Jahr total vereitert und mußte herausgenommen werden. Eine neue Titanhüfte wurde nach der Desinfizierung eingesetzt. Nach eineinhalb Jahren habe ich das Gefühl, daß der arge Bazillus nicht mehr in mir "arbeitet". So kann ich jetzt nach vier Monaten schon längere Strecken ohne Stockhilfe gehen.
In einer Eurer Schilderungen taucht diese befreiende Lebenserfahrung auf-gebracht von zwei Jungen, die das erstemal dabei waren: "Wir erlebten Schönes, das nicht aufgezwungen wurde! Wir hatten das Gefühl, wir sind so wie wir oft gerne sein möchten." Junge Menschen auf der Suche nach sich selbst und ihren tiefen inneren Werten erleben dies als Lebensgeschenk, wenn sie hier "sein" können, denn gleichzeitig werden andere reich durch sie. Und dies als genau der Mensch, der sie eben sind. Das hat mich so richtig betroffen gemacht, wie mir eine 16-Jährige bei einer Freizeit sagte: "Bei Euch kann ich wirklich die Gabi sein, die ich bin. Das macht mich frei. Das trau ich mich so nicht einmal daheim, und bei meinen Arbeitskollegen schon gar nicht."
Da sind wir wieder einmal gleichberechtigt, liebe Freunde, dieses Sich-Auftun-Können beim anderen nicht nur zu ersehnen sondern selber einzubringen. Wertvoll und gsund wird so eine Gemeinschaft immer neu, wo dies erfahren wird. Gott sei Dank, daß solcher "Bio-Boden" immer neu bereitet wird durch Dich, durch Euch!

Von Herzen grüße ich Euch
Euer P. Wilfried
Unterschrift: P. Wilfried


Ein kurzer Text erreichte uns zu Innichen im Herbst, der unser Miteinander, unser Sein-Dürfen und -Können zum Ausdruck bringt:

Gemeinsam unterwegs bei Schnee und Regen, Wind und Sonnenschein
freu'n wir uns an den Stimmen der Natur
ist Raum für Singen, Lachen, Weinen, einfach sein
dem Herrn in seiner Schöpfung wir können danken nur


Ein herzliches Danke allen, die mitgeholfen haben, daß unsere Freizeiten wieder als Wochen der Begegnung, der Freude und des Miteinander erlebt werden konnten!

Auf eine weitere gute Zusammenarbeit freut sich
Eure Christl Unterschrift: Christl



Du schenkst uns Zeit, einander zu begegnen,
daß wir uns lieben und einander segnen.
Herr, laß uns stille werden, daß wir sehn:
Du willst zu aller Zeit mit uns durchs Leben gehen.
Du schenkst uns Zeit und in ihr frohe Stunden,
in denen wir der Erde Glück empfunden.
Du schenkst uns Zeit und in ihr auch das Leiden,
doch willst Du bei uns sein und uns begleiten.
Du schenkst uns Zeit, damit wir uns besinnen
und, wenn es nötig, Neues auch beginnen.
Du schenkst uns Zeit! Wir wollen sie gestalten,
als Dein Geschenk in unsern Händen halten.

Dieses Segensgebet haben wir bei einigen Wochen als Lied gesungen, vielleicht kann es uns ein Stück unseres Weges begleiten.



Gott möge bei dir auf deinem Kissen ruhen, dich schützend in seiner hohlen Hand halten
Deine Wege mögen dich aufwärts führen, freundliches Wetter begleite deinen Schritt
Wind stärke dir deinen Rücken -
und mögest du längst im Himmel sein, wenn der Teufel merkt, daß du fort bist.
Irischer Segenswunsch



Je tiefer man die Schöpfung erkennt, umso größere Wunder entdeckt man in ihr.
Martin Luther


Geist der Natur

Ich war hier vor dem Regen und der wilden See. Ich war hier vor dem Schnee und dem Hagel.
Ich war hier vor den Bergen und den Winden. Ich bin der Geist der Natur.
Ich bin in dem Licht, das die Erde erfüllt, und in der Dunkelheit der Nacht.
Ich gebe der Natur ihre Farben, denn ich bin im Wachsen und in den Früchten der Natur.
Und ich bin auch in der Natur, dort, wo man geheimnisvolle Weisheit findet.
Ich bin in euren Liedern und in eurem Lachen.
Ich bin in den Tränen, die aus dem Kummer fließen.
Ich bin in den hellen, frohen Augen der Kinder.
Ich bin in den Gedanken, die Einigkeit geben, Erfüllung und Einssein.
Ich bin in den Bergen als ein gewolltes Zeichen für die ganze Menschheit,
wenn das Antlitz der Erde verunstaltet wird, da man ihre geistige Gestalt nicht mehr erkennt.
Ich bin in euch, wenn ihr den einfachen Weg des Roten Mannes geht.
Ich bin in euch, wenn ihr Liebe zum Menschen zeigt,
denn auch ich gebe Liebe denen, die lieben.
Ich bin im Widerhall der Liebe zwischen den Menschen,
denn dieses ist ein Weg, der den Segen und die Erfüllung des Großen Geistes finden wird.

Ob wir in diesem anonymen indianischen Text manchmal auch unser Unterwegssein in diesem Geist spüren?


Bleibe an meiner Seite, auf meiner Wegstrecke, die ins Ungewisse führt
Bleibe an meiner Seite, bis ich selbst das Ziel erkennen kann
Du, mein Freund, bleibe an meiner Seite, bis ich morgen meinen Weg allein gehe
Bleibe an meiner Seite, und ich werde übermorgen dich begleiten


Einen brauchst Du

Einen brauchst Du auf dieser Welt,
der mit Dir weint und lacht,
einen, der unbeirrt zu Dir hält,
der Deine Probleme zu seinen macht.

Einen, der Dir Dein Glück nicht neidet,
Dich über Schwellen trägt,
einen, der Dir Freude bereitet
und helle Spuren legt.

Einen, der Deine Träume kennt,
Dir Deine Schwächen vergibt,
einen, der Dich beim Namen nennt
und froh ist, daß es Dich gibt.

Einen, dem Du vertrauen kannst,
der Dich wortlos versteht,
einen, mit dem Du Gespenster bannst,
ehe Dein Mut vergeht.

Einen, der Dich in die Arme nimmt,
wenn eine Hoffnung zerbricht,
einen, der Deine Saiten stimmt.
Einen brauchst Du als Licht
Emmy Grund

Und daß dieser Eine in unseren Wochen und in unserem Leben immer wieder spürbar, erfahrbar wird, das wünsche ich uns allen!