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zur Navigation Inhalt überspringen Familienfreizeit Wurzeralm, 13. bis 23. Juli 1994

Ende Mai hörte ich zum ersten Mal von dieser Blindenfreizeit, aber da war die Anmeldefrist schon vorbei. Im Juni sagte ich zu meiner blinden Freundin Theresia: "Ich habe viel Urlaub, aber ich weiß nicht, wann ich mir Urlaub nehmen soll und was ich tun könnte." Sie sagte: "Komm doch mit auf die Wurzeralm. Es sind noch Plätze frei." Und so wurde ich für diese Freizeit von Tery angemeldet.

Kurz vor Beginn der Freizeit machte ich mir noch Sorgen wegen der Verständigung. Ich wusste, dass nur Theresia, Christine und die zwei anderen taubblinden Teilnehmer Lormen konnten. Aber Tery hat auch an das gedacht und an alle Teilnehmer Blätter mit dem Lormen verteilt. Durch Zufall erfuhr ich, dass auch Pater Wilfried in dieser Sache aktiv war. Die Wirkung war toll!

Am Montag, 18. Juli, fuhr ich mit anderen Teilnehmern vom Linzer Bahnhof mit dem Zug nach Spital am Phyrn. Dort trafen wir die übrigen Teilnehmer. Nach der herzlichen Begrüßung durch Pater Wilfried fuhren wir zur Standseilbahn und mit dieser rauf auf die Wurzeralm. Unser Zuhause war in dieser Woche das Landesjugendheim. Gleich nach der Ankunft verteilte Pater Wilfried die Zimmer. Ich hatte das Glück, mit meiner Freundin Theresia, deren Tochter Michaela und Maria B. im selben Zimmer zu sein. Nach dem Abendessen stellten sich einige Teilnehmer vor, und danach machten viele noch einen Spaziergang. In den folgenden Tagen machten wir täglich zwei schöne Wanderungen. Wir teilten uns meistens in eine starke und eine schwache Gruppe, aber wir hatten fast immer das gleiche Ziel. In den ersten Tagen wurden wir immer wieder vom Regen überrascht, aber das hat uns die Freude an den Wanderungen nicht genommen. Wir haben immer etwas Schönes oder Lustiges erlebt. In der Natur gab es so viel zu entdecken. So wanderten wir zur Stubwiesalm, zum Brunnsteinersee, zum Gurglloch, zum Schwarzen Eck, zur Hölle-Schmiedalm usw.

Die für mich schönsten Wanderungen waren Brunnsteinersee und Hölle-Schmiedalm. Beim Brunnsteinersee zeigte mir Pater Wilfried viele Pflanzen und sagte mir deren Namen. So lernte ich durch Sehen, Fühlen und Riechen Schneerosenblätter, weiße und gelbe Margariten, Sonnenröschen, Kreuzbüschel, Johanniskraut, Arnika, Wiesenraute, Knabenkraut, Steinnelke, weiße Kuckucksnelke und vieles mehr kennen.
  Bei der Wanderung Hölle-Schmiedalm war es recht warm. Es war eine schöne, aber auch schwierige Wanderung. Pater Wilfried zeigte uns zwei Quellen, deren Wasser eiskalt war. Da ging es recht lustig zu.

Wir fanden auch viele Heidelbeeren und Walderdbeeren. Die sehenden Begleiter haben uns damit liebevoll versorgt. Pater Wilfried erzählte, dass vor 15 Jahren das letzte Mal eine Gruppe von einer Blindenfreizeit bei der Schmiedalm war. Als wir bei der Schmiedalm ankamen, sangen wir das Lied "Lasst uns miteinander". Bei diesen beiden Wanderungen dachte ich oft an den folgenden Spruch: "Alles ist ja ein Geschenk von dem Herrn der Gnade, der mit Freuden groß und klein schmückt die Lebenspfade."

An den Abenden wurde viel gespielt, musiziert und geplaudert.

Am Freitag feierten wir eine heilige Messe, und am Samstag gingen einige vor Sonnenaufgang Richtung Schwarzes Eck. Das war ein schönes Erlebnis.

Auf dem Rückweg sorgte ich noch ungewollt für Heiterkeit. Als wir schon fast beim Landesjugendheim waren, nahm mich Pater Wilfried an der Hand und zeigte mir etwas auf einer Böschung. Ich schaute hinauf und sagte dann: "Baumaterial". Er lachte, und auf einmal hob ein Teil des "Baumaterials" den Kopf und lachte uns entgegen. Ich hatte geglaubt, dass da Ziegel, Holz und eine Plastikfolie liegen, aber es waren zwei Menschen, die im Freien schliefen. Da hab ich mit den anderen sehr gelacht.

Kurze Zeit später machten wir uns für die Abreise fertig. Für mich war es eine wertvolle und schöne Woche. Ich hoffe, dass ich auch im nächsten Jahr wieder an einer Blindenfreizeit teilnehmen kann.

Viele der Teilnehmer, auch Kinder, konnten am Ende dieser Woche schon recht gut Lormen. Dadurch konnte ich recht gut mit anderen plaudern.

Anita Schachinger, Pierbach / Oberösterreich (taubblind)